Mit dem Veganismus ist das so eine Sache. Kann diese Ernährung jemals ausgewogen sein? Fehlen da nicht etliche Vitamine komplett, die normalerweise hauptsächlich durch tierische Produkte wie Milch, Ei und Fleisch aufgenommen werden?
Das wurde ich im letzten Jahr oft gefragt, und die Bedenken sind im Prinzip wirklich nicht ganz von der Hand zu weisen. Wenn man sich jedoch informiert und an die „veganen Basics“ hält, dann kann nicht allzu viel schiefgehen. Hier die Informationen, die ich mir im Laufe des letzten Jahres zusammengesucht habe:
Proteine
Die Aufnahme von hochwertigem Protein ist im Normalfall das geringste Problem. Eiweiß aus Soja-, aber auch Getreide-Produkten und Nüssen ist im menschlichen Körper gut verwertbar, auch wenn es nicht ganz so gut genützt werden kann wie jenes aus Milch und Eiern. Man sollte daher immer Proteine aus verschiedenen planzlichen Quellen aufnehmen, die sich gegenseitig dann ergänzen.
Mineralstoffe
Hier ist eigentlich nur auf ausreichende Mengen an Kalzium und Eisen zu achten. Der Kochsalzkonsum sollte, wie in jeder anderen Ernährungsform, natürlich ebenso eher eingeschränkt werden.
Kalzium
Grobe Störungen im Kalziumhaushalt können rachitische Knochenverformungen und bei Kindern auch Wachstumsstörungen verursachen, was aber zumeist weniger durch ungenügende Kalziumzufuhr, als vielmehr durch einen Mangel an Vitamin-D hervorgerufen wird.
Prinzipiell enthalten vegane Lebensmittel relativ wenig Kalzium im Vergleich zu etwa Milchprodukten, weshalb immer wieder gute Kalziumquellen wie Sesamsamen, Paranüsse, Brokkoli, Fisolen und auch Vollkornbrot in den Speiseplan eingebaut werden sollten. Allerdings wird die Aufnahme dieses Minerals durch die Vitamin-D-Menge und andere Lebensmittel beeinflusst. So binden beispielsweise Pflanzen mit Oxalsäure (Rhabarber, Spinat) das Kalzium zu Kalziumoxalat, was vom Körper nicht mehr absorbiert werden kann. Derselbe Vorgang geschieht mit der in Weizen- und Hafermehl enthaltenen Phytinsäure, die jedoch durch Hefe zersetzt wird.
Eisen
Fleischesser decken ihren Eisenbedarf zum größten Teil aus Fleischprodukten. Es gibt allerdings eine Menge pflanzliche Lebensmittel mit hohem Eisengehalt, weshalb bei einer vernünftigen veganen Ernährung Eisenmangel nur sehr selten auftritt. Wer viel Blattgemüse und Vollkornprodukte isst, hat im Normalfall keine Probleme zu befürchten.
Allerdings kann das in Pflanzen enthaltene Eisen weniger gut vom Körper resorbiert werden als jenes tierischen Ursprungs. Dieser Vorgang kann jedoch durch die Kombination mit Vitamin C stark verbessert werden, was ebenfalls in vielen Früchten und Gemüsen reichlich vorkommt.
Viel Eisen enthalten beispielsweise Mandeln, Hirse, Kresse, Cashewnüsse und auch Senf.
Vitamine
Mit Ausnahme von Vitamin D und Vitamin B12 werden alle wichtigen Vitamine bei einer ausgewogenen veganen Ernährung in ausreichenden Mengen aufgenommen.
Vitamin D wird vom Körper bei Sonneneinstrahlung produziert und ermöglicht die Kalziumaufnahme. Es kommt nur in wenigen Nahrungsmitteln natürlich vor (Fisch, Leber) und der Bedarf ist auf rein pflanzlichem Weg (Pilze!) tatsächlich schwer in ausreichenden Mengen zu decken. Allerdings wird vielen veganen Lebensmitteln, die man im Bioladen o.ä. kauft, aus diesem Grund Vitamin D künstlich zugesetzt, worauf man beim Einkauf auf jeden Fall achten sollte. Und ansonsten heißt das für den Veganer: Bei jedem Wetter raus, auch wenn die Sonne sich hinter Regenwolken verbirgt. Jedes bisschen Strahlung zählt, besonders im Winter. Und im Bedarfsfall kann man auch mal zur Vitamintablette greifen, wenn sich das Grau über Wochen gar nicht auflösen will.
Vitamin B12 (Cobalamin) ist das Vitamin, dass den Veganern am häufigsten fehlt. Es wird von bestimmten Mikroorganismen produziert – im Normalfall in Körper von Tieren, wo es dann besonders in Leber und Nieren gespeichert wird. Aber auch vergorene Lebensmittel wie beispielsweise Bier und Tempeh enthalten dieses Vitamin.
Eine wirkliche B12-Mangelanämie ist jedoch trotzdem sehr selten bei Veganern, da sie große Menge an Folsäure (ein anderes Vitamin) zu sich nehmen, die diese Symptome wiederum verhindert. Trotzdem kommt man mit streng veganer Ernährung kaum auf die nötigen 2 bis 3 Mikrogramm pro Tag, weshalb vielen einschlägigen Nahrungsmitteln industriell hergestelltes Vitamin B12 zugefügt wird. Man kann aber auch beispielsweise auf Spirulina-Algen zurückgreifen, die jede Menge davon enthalten, allerdings dafür nicht besonders gut schmecken.
In diesem Fall ist unter Umständen also eine Zuführung mittels Nahrungsergänzungsmittel angezeigt. Auch sollte die ausreichende Versorgung von Zeit zu Zeit ärztlich bestätigt werden, z.B. einfach im Rahmen der jährlichen Gesundenuntersuchung.
Umfassende Information zum Thema findet sich beispielsweise hier: https://vebu.de/gesundheit/naehrstoffe/vitamin-b12
Sich also als Veganer wahllos mit Vitamin- und anderen Nahrungsergänzungsmitteln vollzustopfen bringt nichts, wenn man es richtig angeht. Und mit den entsprechenden Informationen kann man auch die Bedenken seines Umfeld zerstreuen, die immer wieder meinen, man erleide durch diese Ernährung gravierende Mängel aller Art. 🙂