Unser Rasen (oder besser gesagt unsere wilde Wiese) ist nach dem Winter stellenweise sehr dicht mit Moos durchsetzt. Besonders an schattigen Stellen und im vorderen „Waldbereich“ hat der Moosteppich teilweise fast alle anderen Pflanzen verdrängt. Deshalb hab ich mich über diese Pflanzen einmal ein bisschen schlau gemacht und bin dabei neben interessanten Fakten auch auf ungewöhnliche Verwendungsmöglichkeiten gestoßen.
Ein Rundgang im Garten offenbart eine erstaunliche Vielfalt dieser unscheinbaren – aber eigentlich wunderschönen – Pflanzen auf sehr kleinem Raum:
Neugierig geworden hab ich meine Recherche mit dem entsprechenden Wikipedia-Eintrag gestartet und dabei auch gleich erfahren, dass es eine eigene Wissenschaft von den Moosen gibt, die Bryologie.
Sehr interessant war für mich das Kapitel über Ökologie, das gleich zu Beginn das Schema der Moosbesiedelung unseres Grundstücks perfekt zusammenfasst:
Moose sind in der Regel klein und wachsen relativ langsam. Daher sind sie im Vergleich zu den Höheren Pflanzen konkurrenzschwach. Sie weichen daher vielfach auf Standorte aus, die von diesen nicht besiedelt werden können: Felsen, Borke und Blätter als fast nährstofffreie Standorte, Waldböden als sehr dunkle Standorte sowie offene und gestörte Standorte.
Besonders im Waldbereich hat der Moosteppich kaum Verbindung zum darunterliegenden Boden. Er lässt sich einfach abheben, obwohl die Pflanzen grün und „wohlgenährt“ aussehen, was folgender Absatz erklärt:
Nährstoffe werden von den Moosen über den Niederschlag aufgenommen. Nur Arten mit gut ausgebildetem Leitsystem nehmen Nährstoffe über den Boden auf. Die Quelle sind dabei Staub und im Wasser gelöste Stoffe, im Wald zum Beispiel besonders der Stammablauf und der Kronendurchlass. Moose bringen daher Nährstoffe aus der Atmosphäre ins Ökosystem.
Ein Grund für die zum Teil massive Ausbreitung in den schattigeren Gegenden des Grundstücks dürfte auch der Umstand sein, dass wir die Wiese prinzipiell nicht düngen und auch nicht oder extrem selten mulchen. Das Nährstoffangebot ist daher eher bescheiden, und im hinteren trockeneren Teil des Gartens wachsen im Sommer auch die typischen Magerrasen-Pflanzen und -Kräuter wie beispielsweise Feldthymian, Hundsveilchen oder auch Wiesenschaumkraut. Eine sehr gute Übersicht über diverse Zeigerpflanzen hab ich hier gefunden – auf einer Seite, die sich eigentlich mit Schildkröten befasst 🙂 : http://www.testudowelt.de/?p=957
Sehr spannend sind auch die Inhaltsstoffe und die daraus resultierende frühere Verwendung der Moose, wie hier auf Wikipedia beschrieben:
Obwohl bislang wenig untersucht, ist die Abwehr von Pilzen und Bakterien für die Moose von großer Bedeutung. Man geht daher davon aus, dass alle Moose antimikrobiell wirksame Substanzen enthalten. … Auch die fungizide Wirkung der Moose verringert durch das Verhindern der Mykorrhizabildung die Konkurrenz durch andere Pflanzen. … Die meisten Moose enthalten fraßhemmende Stoffe, sodass Moose selten von Pflanzenfressern wie Insekten oder Schnecken gefressen werden. … Torfmoose dienten bis in den Ersten Weltkrieg als Wundkompressen. Neben der hohen Wasseraufnahmekapazität war hier auch die antimikrobielle Wirkung der Moose von Bedeutung. Einige Naturvölker nutzten diese beiden Eigenschaften auch dadurch, dass sie aus Moosen Babywindeln herstellten, etwa manche Indianer- und Eskimogruppen. Ausgrabungen haben auch gezeigt, dass in Mitteleuropa Moose im Mittelalter als Toilettenpapier verwendet wurden.
Eine ziemlich geniale Website über die Pflanzen hab ich weiters hier gefunden: http://www.ijon.de/moose/
Nachdem ich diese und noch mehr Infoseiten durchstöbert hatte, ist mir schließlich der Gedanke gekommen, dass ich die dichtesten Moosteppiche doch etwas lüften und das dabei anfallende Pflanzenmaterial eigentlich als Mulch für den kultivierten Teil des Gartens verwenden könnte. Antimikrobiell, fraß- und konkurrenzhemmend, austrocknungsresistent, gut deckend und nicht nährstoffhungrig – was will man mehr? Die Meinungen dazu gehen laut Netzrecherche weit auseinander, aber mir scheint es eine perfekte Option zu sein, zumal das Moos den Boden auch nicht so ansäuert wie beispielsweise Rindenmulch oder Strauchschnitt. Die Angst, dass der Teppich anwächst und sich wieder ausbreitet hab ich auch nicht wirklich. Und wenn, dann ist nichts leichter entfernt als ein loser Moospolster. Mal sehen, wie das klappt. Aussehen tut es gar nicht so schlecht – hier der nun geschützte Stammbereich meines Kaki-Baumes:
Durch Zufall bin ich auch auf eine andere Einsatzmöglichkeit gestoßen, die sich im weitesten Sinn aus der Art der Vermehrung der Moospflanzen ergibt:
Vegetative Vermehrung kann prinzipiell durch alle Teile der Moospflanze erfolgen. Wird ein Gametophyt durch ein Sieb passiert, entstehen aus allen Teilen wieder vollständige Gametopyhten.
Was heißt, dass man aus Moos im Mixer eine „Farbe“ mixen und daraus lebende Moos-Graffiti machen kann. 🙂
Das hab ich natürlich gleich versucht und für sehr unterhaltsam befunden. Hier das Rezept: http://www.wikihow.com/Make-Moss-Graffiti
Ich hab’s nur dahingehend ein bisschen abgewandelt, dass ich statt der Buttermilch cremiges Naturjoghurt genommen und mit etwas Honig versetzt hab.
Wenn das wirklich anwächst, dann weiß ich, was ich im Sommer mit meiner Nichte mache – nämlich die graue Misthaufenmauer kreativ begrünen. 😀