Gestern hat Papa sein letztjähriges Geburtstagsgeschenk eingelöst – einen gemeinsamen Schnapsbrenn-Workshop beim Holzeis in Altlengbach. Es war wirklich super im „Selbermacher-Paradies“! Wir haben eine Menge gelernt, wurden sogar im Haus verpflegt, und nebenbei ist auch noch ein wunderbarer Orangengeist nach andalusischem Rezept entstanden, von dem wir alle ein Fläschchen voll nach Hause nehmen konnten.
Da wir zur Herstellung keine Maische, sondern bereits versteuerten reinen Alkohol verwendet haben, hat dies zum einen die steuerliche Situation sehr vereinfacht. Denn entgegen meinem bisherigen Wissenstand muss sehr wohl auch bei Destillen unter zwei Litern Fassungsvermögen das Brennen von Maische beim Zoll angemeldet und versteuert werden. Ob die paar Euro (12 Euro pro Liter reinem Alkohol) den Aufwand wert sind, sei in diesen Fällen dahingestellt. Allerdings sollte man die angeblich sehr formlose Anmeldung trotzdem einfach machen und den anfallenden Mikrobetrag begleichen um Unannehmlichkeiten und Strafen zu vermeiden. Genau aus diesem Grund ist auch das Anreichern der Maische mit Zucker streng verboten: Die zu versteuernde Menge Alkohol wird aus Volumen und Art der Maische mittels Standardtabellen für die einzelnen Früchte (durchschnittlicher Zuckergehalt) berechnet!
Neben der steuerlichen Situation bietet die Geistherstellung noch einen weiteren Vorteil: Anders als beim Brennen von Maische fällt hier kein schädlicher Vorlauf an, weshalb sich auch Laien problemlos „drübertrauen“ dürfen. Und so wird Geist hergestellt:
Nach Reinigung der Brennblase und Aufbau der Destille wird der Weingeist mit Wasser verdünnt eingefüllt. Im Aromakorb über der Flüssigkeit werden kleingeschnittene Früchte und Gewürze platziert, deren wasser- und alkohol-lösliche Komponenten dann durch die Destillation gelöst werden und im Endprodukt landen. In unserem Fall waren dies natürlich vor allem die ätherischen Zitrusöle, die dem Geist einen wunderbaren Duft und Geschmack verliehen haben.
Nach Anheizen der Anlage sollte man die Energiezufuhr so regeln, dass das Destillat in schnell aufeinanderfolgenden Tropfen oder als dünner Faden den Kühler verlässt. Und je kühler, desto besser, da die ätherischen Öle sehr temperaturempfindlich sind. So haben wir die Kühlspirale ständig mit kaltem Wasser versorgt, sodass der Auslass kaum wärmer als handwarm wurde.
Interessant ist der Vorgang der Fraktionierung. Zu Beginn (beim Brennen von Maische) und zum Ende des Brennvorgangs wird das Destillat dabei in durchnummierten Gläsern aufgefangen, was es leichter macht Vor- und Nachlauf vom gewünschten Mittellauf abzutrennen. Vorlauf hatten wir beim Brennen von Geist ja nicht zu beachten, Nachlauf jedoch sehr wohl. Von den letzten fünf Stamperln, die wir gegen Ende befüllten, waren die ersten beiden noch bestes Destillat, während ab dem dritten bereits ein deutlich anderer (eher unangenehmer) Geruch feststellbar war. Der Inhalt des fünften Glases war dann bereits trüb! Interessant war der Hauttest: Verstreicht man ein paar Tropfen Destillat auf der Haut und wartet, bis der Alkohol verdunstet ist, so verrät der Geruch sehr genau, ob man es bereits mit Nachlauf zu tun hat: Es riecht nach … Schweinsbraten, abgestandenem Fett, modrig … je nachdem, wen man fragt, aber auf jeden Fall nicht gut.
Ergebnis unseres Workshops war ein duftender Orangengeist mit rund 85 Vol% , der vor dem Trinken noch im Verhältnis von rund 1:2 auf Trinkstärke verdünnt werden muss. Sehr köstlich!
Natürlich haben wir auch alles über die Herstellung von Maische, die Vergärung mittels Edelhefen, die Destillation an sich, die Lagerung und die Verdünnung auf Trinkstärke erfahren. Eine Riesenladung Informationen, die erst einmal verdaut werden muss.
Interessant hab ich u.a. die Information gefunden, warum in Zeiten des robusten und leicht zu reinigenden Edelstahls immer noch Kupfer für die Destillen verwendet wird. Das Material fungiert hierbei als Katalysator und bindet unerwünschte Stoffe aus dem Destillat (z.B. Schwefelverbindungen beim Feinbrand), die dann mit der Reinigung der Blase entfernt werden.
Vor lauter Informationen und Herumwerkeln hab ich es leider komplett verabsäumt Fotos zu machen. Aber wer sich ernsthaft für das Thema interessiert, dem sei der Besuch eines Workshops im Hause Holzeis wirklich ans Herz gelegt! Ich werd mich in Kürze mit meiner Mini-Destille über einen (steuerfreien) Kräutergeist wagen und hoffe, dass er zum einen gut schmeckt und zum anderen auch noch den einen oder anderen Lebensgeist weckt. 😉