Letzten Samstag hatten wir das erste Kräutertreffen dieses Jahr. Der ganze Tag stand im Zeichen der Bäume und – zur Jahreszeit passend – deren Knospen. Monika hat uns einen unfassbar interessanten und lehrreichen Tag organisiert, der jeden professionellen Kräuterkurs in den Schatten gestellt hat. Ein riesengroßes Dankeschön an dieser Stelle!
Wir haben Bäume bestimmt, Knospenzucker und -salz hergestellt, Mazerate und Tinkturen angesetzt, Salben gerührt und natürlich auch Schmankerln verkostet.
Je nach Baum entfalten die daraus gefertigten Produkte verschiedene (Heil-)Wirkungen.
Die Birke reinigt und entgiftet, und eignet sich daher bestens für eine Frühjahrskur. Ahorn wiederum wirkt gut gegen Muskelschmerzen, senkt den Cholesterinspiegel und unterstützt den Körper bei Diabetes. Die Kastanie reguliert bekanntermaßen den Druck in den Gefäßen und ist das Mittel der Wahl bei Krampfadern, geschwollenen Füßen, aber auch bei Arteriosklerose. Schwarzpappel-Knospen werden auch „Baumpropolis“ genannt. Die Bienen gewinnen den wertvollen Stoff daraus, und kostet man eine Knospe, so macht sich neben der Bitternis auch der typische intensive Propolis-Geschmack im Mund breit. Dementsprechend wirken die Knospen der Schwarzpappel auch fiebersenkend und desinfizierend. Walnuss-Knospen enthalten viele Vitamine und Mineralstoffe, wirken entzündungshemmend und senken das Cholesterin im Blut. Die Schwarze Johannisbeere entfaltet wiederum eine kortisonähnliche Wirkung. Man kann sie beispielsweise bei Allergien, Asthma und Juckreiz anwenden. So können die Knospen bzw. auch andere junge Gewebeteile fast aller ungiftiger Bäume verwendet werden.
Die Gemmotherapie greift dieses Wissen auf. Aus den jungen Pflanzenteilen werden Extrakte (Tinkturen, Mazerate) hergestellt und als ganzheitliche Heilmittel verabreicht. Während diese Therapie in Frankreich, Italien und auch Belgien sehr verbreitet ist, ist sie in den deutschsprachigen Ländern eher unbekannt.
Ziel der Gemmotherapie ist es auch, die pflanzlichen Wachstumsfaktoren, die in embryonalem Gewebe in hoher Konzentration vorhanden sind, zu erhalten und verfügbar zu machen. Zu diesen Stoffen zählen u.a. das Auxin, die Gruppe der Gibberelline und Cytokinine. Der Kontakt mit der Extraktionslösung stoppt die enzymatischen Aktivitäten, die Verdünnung mit Wasser bei der Einnahme reaktiviert sie wieder.
Wie in vielen Bereichen gibt es für diese Form der Phytotherapie keine wissenschaftlichen Studien, die den Nachweis der Wirkung erbringen. Aber viele Menschen schwören darauf – und Nebenwirkungen hat man bei richtiger Auswahl der Baumarten auch keine zu befürchten.
Ein Gemmotherapie-Mazerat wird folgendermaßen hergestellt:
- 1 Teil Knospen und/oder junge Pflanzenteile
- 3 Teile Wasser
- 3 Teile pflanzliches Glyzerin
- 3 Teile 40-prozentiger Alkohol
Die Pflanzenteile werden zerkleinert, die Flüssigkeiten vermischt und dann alles zusammen in einer Flasche angesetzt. Nun lässt man das Ganze drei bis vier Wochen im Dunkeln mazerieren, wobei man die Flasche immer wieder leicht schüttelt. Zu guter Letzt wird das Gemmo-Extrakt gefiltert und in dunkle Glasflaschen abgefüllt. So ist es bis zu zwei Jahre haltbar.
Bei Bedarf kann man nun 10 bis 30 Tropfen davon über den Tag verteilt einnehmen. Oder aber man setzt einen Zerstäuber auf die Flasche und sprüht drei bis vier Stöße in den Mund, damit die Schleimhäute gut benetzt sind.
Ich bin ja immer auch sehr an den kulinarischen Aspekten interessiert. Und auch hier haben die Bäume und deren Knospen viel zu bieten!
Wir haben beispielsweise Mandelknopsen mit Birkenzucker pulverisiert, was ein wunderbares, nach Marzipan duftendes Süßungsmittel ergeben hat, das jedes Dessert veredelt. Schwarzpappelknospensalz und -zucker sind mit dem gestreckten Propolis-Aroma auch ein Gedicht.
Prinzipiell kann man sagen, dass die Knospen von Ahorn, Birke, Eberesche, Hasel, Erle, Linde, Mandel, Rotbuche, Ulme und Weißdorn sehr wohlschmeckend sind. Eiche, Walnuss, Esche und Obstbäume sind hingegen sehr bitter. Wer es würzig-herb mag, greift zu Erle, Pappel oder auch zu Nadelgehölzen.
Ich hab meinen Mandelbäumen nun noch ein paar Knospen abgeluchst und werde daraus zusammen mit ein paar Mandeln vom Vorjahr, Olivenöl und Parmesan ein Pesto zubereiten. Und auch leicht in der Pfanne geröstet sind Baumknopsen eine gesunde, wohlschmeckende Zutat. Super Sache!
Zum Sammeln selber ist abschließend noch zu sagen, dass man den Bäumen keinesfalls zuviel wegnehmen sollte. Es gilt der schöne Spruch:
Früchte sammelt man im Eimer,
Kräuter im Korb und
Knospen im Fingerhut!
Ich hab von diesem Tag sehr viel Informationen und Begeisterung mit nach Hause genommen. Es ist schon eine Wucht, was die Natur zu jeder Jahreszeit anbietet. Lauter heilsame kulinarische Highlights! 🙂