Im Grunde sind mein Alltag und Berufsleben perfekt durchorganisiert. Todo-Listen und Kalender lassen mich kaum einmal etwas vergessen oder einen Termin verpassen. Irgendwie ist mir in den letzten Monaten diese mechanische Perfektion zunehmend zuwider geworden – und auch die Abhängigkeit von den Geräten, auf denen die hilfreichen Apps mir meine Aufgaben und Termine speichern und präsentieren. Ich hab nach einer Methode gesucht, das ebenso effizient – vielleicht sogar noch besser – analog zu erledigen und damit nicht mehr dauernd an Rechner und Handy gebunden zu sein. Dabei bin ich auf das Bullet Journal gestoßen.
Ich hab mir die Basistechniken angeeignet und das System nun seit Jahresbeginn ausprobiert. Was soll ich sagen – der Nutzen ist beträchtlich, weshalb ich mein Bullet Journal sicher beibehalten und weiter ausbauen werde.
Es ist so etwas wie ein analoger Zufluchtsort, in dem man die Selbstwahrnehmung schärfen kann, die in unserem digitalen Zeitalter oft unter die Räder kommt. Man verbindet das WAS (den Inhalt der Todo-Listen) mit dem WARUM (wir etwas tun wollen oder sollen), wobei das Schreiben von Hand die Reflexion extrem fördert, weil es einen neurologisch in der Gegenwart bindet. So entsteht über die Zeit ein geistiger Fundus, der auch im Rückblick sehr aufschlussreiche Betrachtungen über Ursache und Wirkung im eigenen Leben ermöglicht.
Irgendwo im Buch von Ryder Caroll, das ich mir als E-Book besorgt habe, war sinngemäß der schöne Satz zu lesen: „Nicht täglich zu steigern, sondern täglich zu reduzieren lautet das Ziel“. Und dafür liegt der Schlüssel im Verstehen der Motivation, warum man etwas tut oder tun soll. Alles, was keine Bedeutung hat oder nicht unerlässlich ist, kann weg. Und es ist unfassbar, was man sich im alltäglichen Blindflug alles aufbürdet, das keinem der beiden Kriterien entspricht. Sinn muss man auch fühlen, nicht nur rational denken.
Mein Fazit ist, dass ich das Bullet Journaling, das auf den ersten Blick mühsam und altbacken anmutet, wirklich wärmstens weiterempfehlen kann. Es gibt Menschen, die aus ihren Journals wahre Kunstwerke machen – man suche einfach einmal nach „bullet journal“ in der Google Bildersuche. Derartige Ambitionen hab ich nicht, weshalb mein schwarzes Notizbuch – innen wie außen – auch sehr nüchtern und schmucklos aussieht. Für mich ist es aber mittlerweile ein alltägliches Werkzeug geworden, mit dem ich meinen Kurs besser tarieren und halten kann, und mir oft auch überhaupt erst darüber im Klaren werde, wohin die Reise denn gehen soll.
Eine Basis-Anleitung zum Führen eines Bullet Journal gibt es hier: https://bulletjournal.com/pages/learn. Wenn man der Technik eine ernsthafte Chance geben möchte, so würde ich dennoch den Kauf der Buchs „Die Bullet-Journal-Methode: Verstehe deine Vergangenheit, ordne deine Gegenwart, gestalte deine Zukunft“ von Ryder Caroll empfehlen. Es beschränkt sich nicht nur auf das System des Bullet Journaling an sich, sondern bietet viele weitere Techniken und Herangehensweisen, sich selbst und seiner Motivation auf die Schliche zu kommen und sich quasi der Perfektion von einer anderen Seite zu nähern: Perfekt wird eine Sache nicht, wenn man laufend Neues hinzufügt. Sie ist es vielmehr dann, wenn man nichts mehr weglassen kann (wer auch immer das gesagt hat – ich hab’s leider vergessen). 🙂