Das Thema „Plastik“ hat mich in letzter Zeit ziemlich beschäftigt. Wirklich gemocht habe ich dieses Material nie, aber wenn man sich näher informiert, macht sich eigentlich nur noch der Wunsch breit, dieses Zeug komplett aus seinem Alltag zu verbannen. Das ist allerdings leichter gesagt als getan. Leider.
„Einstiegsdroge“ für mich war der Film Plastik Planet von Werner Boote und in weiterer Folge das Buch Plastikfreie Zone von Sandra Krautwaschl. Ersterer ist mir vor einiger Zeit in der Gemeindebibliothek in die Hände gefallen, zweiteres hab ich mir als E-Book für meinen Kindle bestellt.
Das Schockierende für mich war eigentlich in erster Linie, wie wenig man über die Menge an Plastik nachdenkt, mit der man sich täglich umgibt. Aus Jobgründen kann ich auf einiges ganz einfach nicht verzichten – man stelle sich einen Rechner ohne Plastik vor! Anderes wiederum könnte man ziemlich einfach reduzieren oder weglassen, wenn man sich nur bewusster darum bemühen würde.
Im Prinzip ist ja schon länger bekannt, dass Plastikzusatzstoffe wie Bisphenol A und Phtalate (Weichmacher) ziemlich bedenkliche Auswirkungen auf unsere Gesundheit haben. Viele dieser Stoffe wirken zudem additiv, reichern sich also in unserem Körper an, weshalb es eine relativ zahnlose Rechtfertigung der Hersteller ist, sich doch an die Grenzwerte zu halten. Zumal wir jeden Tag über viele Kanäle mit diesen Chemikalien bombardiert werden.
Während in der EU wenigstens Baby-Schnuller seit 2011 frei von Bisphenol-A (BPA) sein müssen, denken skandinavische Länder mittlerweile über ein komplettes Verbot nach. Und wiederum denke ich mir, wie schon bei den Kosmetik-Ingredienzien: Wenn es berechtigte Zweifel an der Sicherheit dieses Stoffes gibt und es offensichtlich auch ohne ganz gut geht – warum verwendet man es dann überhaupt noch? Weil jemand damit gute Geschäfte macht?
BPA ist in vielen Verpackungen enthalten, die auch für Lebensmittel zugelassen sind. Wärme, Säuren und Laugen begünstigen die Freisetzung des Stoffes aus dem Polymer und wenn man an kohlensäure-hältige Mineralwässer oder Säfte denkt, die in ihren Polycarbonatflaschen in voller Sommerhitze vor sich hinschwitzen, dann kann man sich ungefähr vorstellen, was man zu sich nimmt, wenn man davon trinkt.
Abgesehen von den bedenklichen Inhaltsstoffen verrottet Plastik erst nach sehr langer Zeit. Es bildet mittlerweile im Meer riesige geschlossene Müllteppiche, findet sich in Mikropartikeln in unserem Trinkwasser, weil es von den Kläranlagen nicht ausgefiltert werden kann, und ist sogar in unserem Blut nachweisbar.
Dabei werden beispielsweise in den USA nur rund fünf Prozent der 50 Millionen Tonnen Plastikmüll jährlich recycelt. Wobei „Recycling“ hier der falsche Begriff ist: Es handelt sich in Wirklichkeit um „Downcycling“. Aus einer Plastikflasche wird nicht wieder einfach eine Plastikflasche. Es können aus dem anfallenden gemischten Plastikmüll nur minderwertigere Produkte gefertigt werden, so z.B. Wasserleitungsrohre, womit wir das Problem gleich wieder in die Trinkwasserkette einschleusen.
Entschuldigung, aber das geht gar nicht. 🙁
Ich hab nun seit einiger Zeit unseren täglichen Plastikmüll einmal unter die Lupe genommen. Es ist in Summe vergleichsweise wenig, aber fast 100% davon stammen aus Lebensmittelverpackungen. Nun macht es einem die Industrie allerdings nicht sehr leicht, Plastikverpackungen aus seinem Leben zu verbannen. Einige Leute bzw. Familien haben es zu einem großen Teil geschafft (siehe z.B. http://www.keinheimfuerplastik.at, http://leben-ohne-plastik.blogspot.co.at, http://www.zerowastehome.com), aber im Endeffekt kommt es meines Erachtens einem Kraftakt gleich, für den ich mit meinem teilweise 60-Stunden-Job als Selbständige und großem Haus und Garten einfach keine Energie übrig habe.
Ein Beispiel: Mineralwasser in Glasflaschen gibt es in den umliegenden Märkten genau in einer Sorte, die wir bisher auch gekauft haben. In genau dieser hat man jedoch vor einiger Zeit Spuren von Pestizid-Abbauprodukten gefunden, weshalb wir seither wirklich nur mehr unser – qualitativ hochwertigstes – Leitungswasser trinken. Mineralwasser gibt’s nur mehr, wenn Gäste kommen, obwohl wir es besonders im Sommer auch als sehr erfrischend schätzen würden.
Auch andere Produkte erhält man nur selten in Glas- statt Kunststoffverpackungen, und einen „richtigen“ Markt, wo man die meisten Dinge wirklich offen kaufen kann, haben wir hier nicht in vernünftiger Reichweite.
Bei den Toilett-, Kosmetik– und Putzartikeln ist der Anfang ja bereits gemacht, und bei den Lebensmitteln werde ich in Zukunft einfach versuchen, noch bewusster einzukaufen. Plastik-Einkaufssäcke gibt es in unserem Haushalt ohnehin schon länger keine (neuen) mehr.
Bei einigen Produkten weiß ich aber jetzt schon, dass ein Kompromiss fällig wird: Holzzahnbürsten sind angeblich Bakterienspeicher und Zahnschmelzfresser, meine Linsenreinigungsflüssigkeit gibt es schlichtweg nicht anders als in Plastikflaschen abgepackt und auch mein Aquarien-Fischfutter ist weder offen noch in plastikfreier Verpackung erhältlich.
Nun geht es mir – abgesehen von den Bergen an Plastikmüll – nicht nur um die „paar“ Schadstoffe und/oder Rückstände in den Produkten. Ich bin sehr gesund und robust und kann vermutlich einiges von dem Zeug wegstecken. Es geht mir vielmehr um’s Prinzip. Wie kann es sein, dass der – zum Großteil vermutlich ahnungslose – Verbraucher täglich mit Schadstoffen bombardiert wird, deren Bedenklichkeit bekannt ist? Und das, obwohl es offensichtlich auch ohne sie geht?
Ich komm immer mehr zu der Überzeugung, dass jeder Einkauf ein Gang zur Wahlurne ist: Meine Stimme gebe ich dem Produkt und der Verpackung, zu der ich greife. Und wenn viele Leute sich Gedanken machen und so ihre Ansichten kundtun, bleiben die Konzerne hoffentlich über kurz oder lang auf ihrem Mist sitzen und greifen zu nachhaltigeren und verträglicheren Mitteln.
Ich werde in nächster Zeit öfter einmal über brauchbare Plastik-Alternativen schreiben, die ich im Alltag so finde.
Eine gute Zusammenfassung der Plastik-Problematik gibt’s hier:
http://www.arge-ja.at/plastik-gefahr-gesundheit-1.html
Zum Abschluss noch eine NDR-Doku über den Selbstversuch einer Familie, einen Monat ohne Plastik über die Runden zu kommen:
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