Ich hab dieses Jahr bereits Anfang Februar ein paar spezielle Chilisorten mit sehr langen Reifezeiten ausgesät. Das Problem dabei ist, diese Sprösslinge gesund durch die nächsten drei Monate zu bringen. Zuwenig Licht im Verhältnis zu den Temperaturen im Haus lassen sie meist schwächeln. Also hab ich einmal recherchiert, was der Chili-Nachwuchs wirklich braucht um bis zur Übersiedlung ins Freie gesund und stark zu werden.
Der wesentliche Faktor dürfte neben der absoluten Lichtmenge auch die Lichtfarbe sein!
Von Blaulicht spricht man bei einer Wellenlänge von etwa 400 bis 500 nm, im Gegensatz zum langwelligeren Rotlicht mit etwa 650 bis 700 nm. Sehr viele physiologische Phänomene werden bei Pflanzen durch die Lichtfarben bzw. besonders durch deren Wechsel gesteuert, u.a. die Blütenbildung, Spaltöffnungsbewegungen und Fototropismus. Von Letzterem spricht man dann, wenn Pflanzen sich zu einem einseitigen Lichtreiz hinkrümmen (positiv fototrop) oder in selteneren Fällen auch davon abwenden (negativ fototrop, vielfach im Wurzelbereich). Genau dies ist bei den Sämlingen sehr oft zu beobachten: Sie wachsen schnell und instabil dem Fenster entgegen und verkrümmen sich dabei ziemlich „ungesund“.
Wenn also die Photorezeptoren der Pflanzen kritische Lichtverhältnisse wahrnehmen, so startet die Pflanze auf genetischer Ebene ihr Schattenflucht-Programm. Das Wachstumshormon Auxin wird vermehrt produziert, ebenso werden Proteine für den Zellwandaufbau bereitgestellt. Interessanterweise wird die Auxin-Produktion besonders durch die Rezeptoren für rotes Licht (Phytochrome) angeheizt: (Zu) viel Rotlicht bedeutet in der Regel große Pflanzen mit langen, schwachen Trieben durch den so verursachten Auxin-Überschuss.
Melden die Rezeptoren für blaues Licht (Cryptochrome) hingegen viel kurzwelliges Licht, wie es im Herbst und Winter normal ist, so hemmen sie die Wirkung des Auxins. Zudem werden dadurch mehr Seitentriebe gebildet und die Pflanze bleibt generell kleiner.
Weiters bestimmt die Menge an Blaulicht auch die Weite der Spaltöffnungen. Dies wiederum erhöht den Stoffwechsel und fördert dadurch nachhaltiges Wachstum und Entwicklung.
Und genau dies möchte ich eigentlich bei meinen Sämlingen erreichen – sie sollen gedrungene und kräftige Pflanzen werden!
Was hab ich daraus geschlossen? Klar – Blaulicht muss her! 🙂
Ein bisschen Recherche im Internet hat diverse Möglichkeiten und Produkte zutage gefördert. Was ich keinesfalls kaufen wollte, waren Metalldampflampen mit dem passendem Spektrum, aber mehreren Hundert Watt Leistung. Das macht ökologisch keinen Sinn – und schon gar nicht zum Herumexperimentieren.
Allerdings dürfte die LED-Technologie in der letzten Zeit in dieser Hinsicht große Fortschritte gemacht haben. Es gibt mittlerweile leistbare LED-Grow-Panels, die je nach Größe gerade einmal 120 bis rund 300 Watt verbrauchen und meistens sogar eine Auswahl der Lichtfarbe zulassen.
So hab ich also rund 80 Euro investiert und ein Panel mit 60 LEDs à 5 Watt bestellt. Die Lichtausbeute wird dadurch noch erhöht, dass jeder einzelnen LED eine Linse vorgebaut ist, die das Licht bündelt und Streuverluste minimiert.
Man hat die Auswahl zwischen zwei Betriebsarten, nämlich VEG und BLOOM:
- VEG liefert das optimale Spektrum für vegetatives Wachstum mit hohem Blauanteil
- BLOOM fördert die Blütenbildung durch abgestimmten Rotanteil.
Laut Hersteller liefert das Licht-Panel ein Spektrum zwischen 380-760nm inklusive Ultraviolett- (UV) und Infrarotlicht (IR).
Montiert hab ich das Teil auf einem alten Tisch, den ich um einen primitiven „Galgen“ erweitert habe, an dem das Growpanel über den Pflanzen schwebt. Die entstehende Wärme wird über einen integrierten Lüfter abgeführt, was zum einen die Lebensdauer der LEDs erhöht und zum anderen das Mikroklima zwischen Lampe und Pflanzen echt optimal gestaltet. In Summe schneidet das Ding im Vergleich zu Natrium- oder Quecksilberdampflampen (HQL), die früher das Mittel der Wahl waren, um einiges besser ab: Viel weniger Stromverbrauch, viel geringere Hitzeentwicklung. Wobei HQL-Lampen mittlerweile sogar verboten sind, wie ich erst kürzlich gelesen habe.
Nach rund einer Woche in Betrieb im VEG-Blaulicht-Modus (ca. 10 Stunden pro Tag) zeigen sich meines Erachtens bereits erste Erfolge: Die Sämlinge sind nicht „geschossen“, wirken sehr kräftig und beginnen sich nach den Keimblättern bereits auszubreiten. Während normalerweise sofort die kleinen weißen Fliegen die Pflanzen beackern, haben sie im Licht Reißaus genommen. Bis jetzt scheint alles bestens zu klappen.
Ich hab auch mit meinem billigen Luxmeter die Lux gemessen:
- VEG-Modus: Rund 35.000 Lux
- BLOOM-Modus: Rund 20.000 Lux
- Kombinierter Modus: Rund 55.000 Lux (Anzeige 5580 x 10)
Auf der Fensterbank innen hab ich an einem sonnigen Februar-Tag mittags gerade einmal 4000 Lux gemessen!
Dazusagen muss man allerdings, dass Lux hier nicht die ganze Wahrheit sind, weil sie keine Aussage über die Lichtqualität zulassen. Um die für Pflanzen verwertbare, also photosynthetisch aktive Radiation zu messen, ist die Einheit PAR zuständig. Messgerät hab ich mir dafür allerdings keines geleistet, da diese mit mehreren Hundert Euros doch sehr teuer sind. Ich verlass mich hier vorerst einmal auf die Angaben des Panel-Herstellers.
Ein Video, das die Grundlagen der Lichtmessung in der ersten Hälfte super erklärt, hab ich hier gefunden:
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Mit der Anschaffung bin ich erst einmal sehr zufrieden und finde es total spannend, wie „intelligent“ die Pflanzen auf die angebotenen Lichtspektren reagieren. Gerade in Verbindung mit den Vorgängen auf genetischer und hormoneller Basis ist das mehr als faszinierend! Ich glaub, ich muss auf meine alten Tage wirklich noch Botanik studieren! 🙂